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Auf den Spuren von Captain Cook
12.8.2010
Hallo Ihr Lieben alle,
bei regnerischem Wetter und kräftigem
Wind aus SE haben wir gestern Cairns
Richtung Norden verlassen. Mit uns
zusammen lief die Kalliope (eine Hanse
540 aus Greifswald mit spanischer
Besatzung) aus, die allerdings die erste
Etappe nur bis Low Islands abgesteckt
hat. Wir wollen bis zur ca.120 sm
entfernten Lizard Island.  In
rabenschwarzer Nacht, als wir gerade
Hope Island mit seinen beiden
Leuchtfeuern Backboard passieren,
habe auch ich mich in die Koje
zurückgezogen und nun  segeln Wolfgang und Udo allein bei auffrischendem Wind
zunächst mit einem Reff Später haben sie dann  noch ein weiteres Reff eingelegt, als der
Wind schon mehr als 30 kn hatte. Es geht durch enge Passagen des Riffs, von nun an
natürlich unbeleuchtet und die laufenden Computerangaben über die Wassertiefe, über
kleine Inseln und Riffs  sind unentbehrlich. Wie hat es Captain Cook nur vor 240 Jahren
ohne all diese technischen Hilfen für die Navigation geschafft, hier durch zu kommen? Denn
auf den Tag genau vor 240 Jahren war er auf Lizard Island und hat dort den 700 m hohen
Berg, der heute Cooks Lookout heißt, bestiegen, der einen prächtigen Rundblick über das
Riff bietet, während seine „Endeavour“ sicher in der geschützten Bucht ankerte. Morgens
um 4 Uhr fällt der Anker der Destiny in den Sand der Mrs. Watson Bay vor Lizard Island und
Wolfgang und Udo  können sich auch endlich in die Koje legen. Jedoch nicht lange, denn
Wolfgang hat um 9 Uhr bereits wieder den Roll Call der WorldARC-Flotte. Mit uns in der
Bucht vor Lizard Island liegt auch Voyageur, Eowyn und Thor VI, die aber schon einen Tag
vor uns Cairns verlassen hatten. Während wir noch bei einem gemütlichen Frühstück
sitzen, kommt plötzlich ein leeres Dinghy vorbei getrieben. Schnell unser Dinghy ins
Wasser gelassen und hinterher – und mit einem Dinghy am Dinghy kommt Wolfgang
strahlend zur Destiny zurück. Wir haben über Funk allen Booten in der Bucht von unserem
besonderen Fang Kenntnis gegeben, aber erst viel später meldet sich „Josephine II“ bei
uns. Sie hatten es gar nicht bemerkt, dass sich ihr Dinghy selbstständig aufs Meer hinaus
bewegte, sondern sind erst von Freunden auf unseren Rundruf aufmerksam gemacht
worden.  Wolfgang, Ingrid und Linde fahren an Land, tauschen bei „Josefine II“ Dinghy
gegen eine Flasche Whisky, um dann an Land einen Spaziergang über die Insel zu machen.
Lizard Island gehört auch zum austral. Nationalpark und ist – geradezu auffallend wie bisher
alles hier in Australien – sauber und gepflegt. Die Wanderwege sind gut ausgeschildert, mit
zahlreichen erläuternden Hinweisen auf Vegetation und Geschichte der Insel.
110 Jahre nach James Cook kam Mr. Watson mit seiner jungen Frau Mary als
Seeschneckensammler auf die Insel. Sie wussten nicht, dass die Insel bereits von
Aborigines bewohnt wird. Als Mr. Watson eines Tages mit seinem Partner die Insel zum
Seeschnecken sammeln verließ, blieb Mrs. Watson mit ihrem Baby und 2 chinesischen
Dienern zurück. Einer der Diener ging in den Garten – er wurde nie wieder gesehen, aber
seinen Zopf fand man Monate später auf dem Festland.  Der andere Diener entkam schwer
verwundet durch die Speere der Aborigines dem Hinterhalt und es gelang ihm, ins
schützende Haus zu entfliehen. Zusammen mit Mrs. Watson und ihrem Baby gelang es
ihnen in einem großen Bottich, der für die Seeschnecken gedacht war, über das Meer zu
entfliehen, wurden dort aber ein Spielball der Wellen. Sie strandeten auf der Watson Insel,
wo sie Monate später von einem vorbei fahrenden Schoner gefunden wurden, gestorben vor
Durst.  Das Tagebuch der Mary Watson mit den dramatischen Schilderungen ihrer letzten
Tage ist heute im Museum von Brisbane.
Wir sind nochmals in vor Krokodilen sicherem Gewässer zum Schnorcheln ins Wasser und
wurden mit herrlichen, farbenprächtigen Korallen belohnt. Ganz besondere Aufmerksamkeit
erweckten die riesigen Mördermuscheln, eine davon mehr als 2 Armlängen groß. Tief unten
im Gehäuse lauerte der große Mund auf Beute. Wolfgang hat die Schale kurz mit der Flosse
berührt und schnapp ging die Falle zu – ohne Fang!
Freitag 13.8. 2010
Wir sind heute früh mit dem ersten Morgengrauen gleichzeitig mit „Voyageur“ ausgelaufen
zu unserem nächsten ca. 80 sm entfernten Ziel, der Bathurst Bay hinter dem Cape Melville.
Ja richtig, hier waren auch mal die Franzosen auf Entdeckungsfahrt, und wenn nicht
Captain Cook so erfolgreich navigiert hätte, wäre Australien heute vielleicht Französisch.
Wir haben Südwind mit 25 – 28 kn und kommen unter Genua zügig voran. Auf Höhe von
Howick Island kommt recht tief ein Flugzeug über uns und kurz danach hören wir von
„Voyageur“, dass dies ein Zollflugzeug war, der auch uns (Katamaran Privilege) über Funk
auf Kanal 16 angesprochen hat  – wir waren aber leider auf Kanal 77. Bereits beim Breefing
in Mackay waren wir auf diese Kontrollen hingewiesen worden mit einer gleichzeitigen
Warnung vor Schmugglern und illegal fischenden Indonesiern. Am frühen Nachmittag sind
wir vor Cape Melville, die nächste Ankerbucht ist zum Greifen nahe, als der Kapitän
entscheidet: wir segeln heute die Nacht durch, wir nehmen die Außenroute am Riff entlang.
Es gibt durch das Korallenmeer zwei Two-Way-Routes, die eine relativ schmal, verläuft dicht
unter Land und hat viele kleine Inseln und Korallenriffe, die andere, zwar ein weiterer Weg,
aber relativ breit mit wenigen, durch Leuchtfeuer gekennzeichneten Riffen. Abendessen gibt
es an Bord mit den letzten Sonnenstrahlen und die erste Wache ab 19 bis 21 Uhr fällt auf
mich. Die Sonne ist schon untergegangen, aber der westliche Himmel leuchtet noch,
während von Osten die dunkle Nacht heraufzieht. In der Ferne vor mir leuchtet alle 2
Sekunden ein roter Blitz, mein nächstes Ziel, der Blitz ist Steuerbord zu passieren. Über mir
breitet sich ein prächtiges Sternenzelt aus. Im Westen der Mond als schmale, liegende
Sichel, trotzdem so hell, dass über das Wasser ein heller Schimmer leuchtet. Rechts
daneben, strahlend hell, die Venus.  Nach Merkur der zweite Planet, der die Sonne umkreist,
vor der Erde. (von Innen nach außen, ist doch leicht zu merken: Merkur, Venus, Erde, Mars,
Jupiter, Saturn, Uranus, Pluto : mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere Planeten). Die
Venus gilt auch als Zwillingsschwester der Erde, da sie ähnlich groß und schwer ist. Damit
enden auch schon die Ähnlichkeiten, denn unter der Wolkendecke der Venus liegt eine
Hölle mit Temperaturen über dem Schmelzpunkt von Blei. Benannt nach der römischen
Göttin der Liebe und Schönheit strahlt die Venus als hellster Planet am Sternenhimmel.
Darunter schon fast am Horizont kaum noch zu erkennen: Saturn als (s.o.) 6. Planet um die
Sonne. Er ist der letzte Planet, der noch mit bloßem Auge zu sehen ist. Bekannt ist er für
sein spektakuläres Ringsystem. Bereits 1610 beobachtete Galileo diese Ringe als Erster. Die
Ringe bestehen aus Milliarden kleiner Eispartikel – kommt daher wohl das kalte Licht, das er
ausstrahlt? Über der Mondsichel steht Spica, der hellste Stern im Sternbild Virgo, der
Jungfrau. Der Name stammt von dem lateinischen Wort für „Kornähre“. Auf vielen bildlichen
Darstellungen der Jungfrau wird der Stern daher als Weizenhalm dargestellt. Vor mir, gerade
noch von der Genua frei gegeben der rötlich strahlende Arktur, der hellste Stern am
nördlichen Himmel. Er steht in der Nähe des großen und des kleinen Bären. Er ist der
Hauptstern des Sternbildes Bootes. Sein Name kommt von dem alten griechischen Wort
Arktouros / Bärenhüter. Arktur ist 25 mal größer und 180 mal heller als die Sonne. Während
der „Century-of-Progress“-Messe in Chicago 1933 fingen Astronomen der nahen Yerkes-
Sternwarte sein Licht ein. Mit diesem Licht wurde jede Nacht ein Schalter umgelegt, der die
Messebeleuchtung einschaltete. Über mir als hell leuchtendes Band von Nord nach Süd die
Milchstraße, mit so vielen Sternen, dass einzelne gar nicht mehr auszumachen sind. Im
Süden am Rand der Milchstraße die beiden Zeigersterne, Alphacentauris und Betacentauris,
zum Kreuz des Südens, das gar kein Kreuz ist, sondern die Form eines Drachens hat. Kurz
bevor ich den 2-Sekundenblitz passiere, ist am Horizont schon das nächste Leuchtfeuer zu
erkennen: alle drei Sekunden zwei Blitze. Auch dieses Leuchtfeuer ist Steuerbord zu
passieren. Bei Nacht auf Wache gehen einem so viele Gedanken durch den Sinn – nicht nur
von Seeungeheuern oder Monstern, wie Stephen meint – und schon ist der nächste Blitz
erreicht, Kurs um 10 Grad nach Ost verändern und damit ist auch meine Wache bereits
vorbei und ich habe Zeit zum Schlafen bis 6 Uhr in der Früh.
Wir sind in der Nacht gut vorangekommen. Im Osten ist schon ein heller Schimmer von der
aufgehenden Sonne zu erkennen, vor mir der rote Blitz vom Robin Reef, hier sind die Segel
auf Steuerbord zu schiften, jetzt gehen wir  durch das Korallenmeer zur Innenroute. Vor mir
ist der 3-Sekundenblitz von Sunk Island, als plötzlich, wie aus dem Nichts, ein riesiger,leerer
Frachter hinter mir auftaucht. Ruhig Blut! Wir fahren unter Segel, er unter Motor, somit ist er
ausweichpflichtig. Da alle Handelsschiffe durch das Korallenmeer einen Lotsen an Bord
haben müssen, wird er sich wohl auskennen. Kurz hinter uns biegt der Frachter nach
Backbord ab und nimmt eine enge Straße durch die Korallenriffe, um dann vor uns wieder
auf die breitere Route zurückzukehren. Der Lotse kennt sich aus!
Unser heutiges Etappenziel ist ein Ankerplatz in der Margret Bay, damit hätten wir schon 12
Grad Süd erreicht und die letzte Strecke bis Thursday Island ist bis zum 16.8. gut zu
machen. Plötzlich über Funk „Sailing Yacht, Sailing Yacht, please come in“. Wolfgang
meldet sich und spricht mit dem Lotsen eines riesigen Frachters hinter uns dessen
Überholmanöver ab. „UTA“ aus St. Johns überholt uns recht dicht an Steuerbord und wir
winken uns gegenseitig zu. Spannend!!
Herzliche Grüße nach Hause – besonders an Thomas, Du erkennst sicher Deine
Hilfe bei meinem heutigen Bericht
Ingrid und Wolfgang, Udo und Anne sowie Linde